Thema

Grausamer aber noch ist, daß wir, [...] je mehr wir neue Kenntnisse anhäufen, uns desto mehr der Mittel berauben, die wichtigste von allen zu erlangen; und daß wir uns in gewissem Sinn durch unser Studium des Menschen außerstande gesetzt haben, ihn zu erkennen.
— Jean-Jaques Rousseau

In dieser Sendung wollen wir uns einem Thema nähern, das – in gewisser Weise – als Reaktion auf eine Entwicklung der heutigen wissenschaftlichen Welt entstanden ist, die uns –könnte man mit Rousseau sagen –  durch die Anhäufung und Spezialisierung von Kenntnissen und Wissen außerstande gesetzt hat, das Wesentliche zu erkennen. Doch was meint hier Wesentliches? Was ist das Wesentliche in der Wissenschaft? Ist diese Frage bereits falsch gestellt? Gibt es in einer Wissenschaft, die sich durch die Spezialisierung des Wissens zunehmend von einem gemeinsamen Kontinent hin in kleine Inselwelten gespalten hat, einen gemeinsamen Boden? Oder hat das Wasser die Oberhand erlangt und die einzelnen Inseln bereits soweit voneinander entfernt und diszipliniert, dass die Bewohner/innen der Inseln sich gegenseitig nicht mehr erkennen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt unseres heutigen Themas, die eine Brücke zwischen den kleinen disziplinierten Inseln schlagen will - die Interdisziplinarität.

Welche Materialien am besten dazu geeignet sind, den Kontinent der Wissenschaft wieder miteinander zu verbinden, und welche Vorsichtsmaßnahmen bei dem Bau und dem Übergang der Brücke von der einen zur anderen disziplinierten Insel zu beachten sind, diese Fragen möchte ich heute mit einem besonderen Gast klären, die als Dozentin für Geschichte und Historische Anthropologie an der Universität Freiburg zurzeit an einem bundesweit einzigartigen Brückenbauprojekt zwischen den Disziplinen arbeitet, und mit jungen Studierenden den Bau einer solchen Brücke im Studiengang Interdisziplinäre Anthropologie koordiniert und lehrt – Cornelia Brink



Denken mit Cornelia Brink


Literatur zu Sendung

Das bedeutet [...], daß die Erweiterung wissenschaftlicher Wahrnehmungsfähigkeit, die Wiederherstellung der ganzen disziplinären Breite und das Wagnis einer wirklichen Interdisziplinarität im eigenen Kopf beginnen müssen. Wo das alles nur als ein wissenschaftsorganisatorisches Problem aufgefaßt wird, bewegt sich wenig, wird Interdisziplinarität zum [...] eitlen Geschäft.
— Jürgen Mittelstraß

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